"Der Tag an dem ich wusste, dass ich nicht mehr nach Hause zurückkommen werde..."

Karl Steinberger – das Lebensschicksal des letzten jüdischen Schülers am Platen-Gymnasium Ansbach (damalige Oberrealschule) während der NS-Zeit

Nachdem die Schülerinnen und Schüler der 9. Jahrgangsstufe in diesem Schuljahr im Rahmen des Fachunterrichts in Religion und Geschichte intensiv mit dem Zivilisationsbruch während der Zeit des Nationalsozialismus in Berührung gekommen waren, erachteten wir es im Rahmen der Projektarbeit am diesjährigen «Jenö-Konrad-Cup» (aus schulgeschichtlichen, lokalhistorischen und exemplarischen Gründen) für sinnvoll, am Beispiel des ehemaligen Schülers Karl Steinberger die Repressionsmechanismen des NS-Staates (und seiner vielen willigen Helfer) vertiefend aufzuzeigen.

Zu Gast war Günther Fohrer, der sich in Colmberg (wo Karl Steinbergers Familie bis zu ihrem erzwungenen Wegzug in den späten 1930er Jahren auch ansässig war) seit vielen Jahren der Erforschung einer Vielzahl von Einzelschicksalen damaliger jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger aus der Region widmet.

In sehr eindringlicher Weise gelang es ihm aufzuzeigen, wie sukzessive auch an einem scheinbar so sicheren Ort wie der damaligen Oberrealschule der staatlicherseits propagierte Antisemitismus um sich griff: Schikanen und Ausgrenzungen im Unterricht nahmen peu à peu derart Überhand, dass sich der damalige Zehntklässler Karl Steinberger schließlich am Ende des Schuljahres 1935/36 notgedrungen dem Druck seiner «Mitschüler» und Lehrer beugte und die Schule vorzeitig verließ. Zusammen mit seiner Schwester gelang es ihm, in halsbrecherischer Weise sein nacktes Leben durch eine Emigration in die USA zu retten – ein Glück, dass vielen seiner Familienangehörigen verwehrt blieb, die dem Holocaust zum Opfer fielen.

Durch eine reiche Auswahl an historischen Dokumenten aus der Schulzeit von K. Steinberger, aus familiären Beständen (persönlich angereichert durch Auszüge aus dessen englischsprachigen Tagebucheinträgen – nach seiner Ankunft in den USA brach Karl Steinberger mit seiner Vergangenheit in Deutschland) sowie aus seiner mittelfränkischen Lebenswelt gelang es immer wieder, das Einzelschicksal eines Verfolgten mit der «allgemeinen Zeitgeschichte» zu verknüpfen, so dass die Konsequenzen der menschenfeindlichen NS-Politik, die ansonsten bisweilen eher abstrakt behandelt werden, eindringlich(er) wahrnehmbar wurden.

Zu einer emotionalen Wirkung des Vortrags trug auch das abschließende Abspielen eines Kaddisch (ein altehrwürdiges Trauer- und Totenlied aus dem Judentum, in dem um Heilung gebeten wird) nicht wenig bei.

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